Die Militärakademie

Eine Geschichte von 1751 bis heute.

»MACH’ ER MIR TÜCHTIGE OFFICIRS«

Das forderte 1751 die Kaiserin. Und bis heute haben sich in der Theresianischen Militärakademie, der ältesten Kadettenschule der Welt, zahlreiche Traditionen erhalten – vom Orden bis zum Eid. Neu sind allerdings weibliche Offiziere.

Der Auftrag von Maria Theresia war klar und unmissverständlich: „Mach’ er mir tüchtige Officirs und rechtschaf­fene Männer darauß“, lautete ihr Be­fehl an Feldmarschall Leopold Joseph von Daun. Die Kaiserin hatte erkannt, dass sich ihr Heer in einem schlechten Zustand befand, und daher im Dezem­ber 1751 die Gründung einer militäri­schen Ausbildungsstätte angeordnet. Dieses sogenannte „adelige Kadetten­haus“ sollte zur Kaderschmiede des Habsburgerreiches werden. 200 junge Kadetten wurden pro Jahr aufgenommen, davon 100 Adelige und 100 Söhne von verdienten Offizieren. Die Ausbildungszeit betrug anfangs elf Jahre. Das Eintrittsalter der Burschen lag bei zehn bis zwölf Jahren. Maria Theresia bestimmte Leopold Joseph von Daun zum ersten Kommandanten der Militärakademie und die Burg zum Ausbildungsort.

Im Mittelalter war Wiener Neustadt eine wichtige Residenzstadt gewesen, mit der Blütezeit im 15. Jahrhundert unter Kaiser Friedrich III. „Doch nun, Mitte des 18. Jahrhunderts, war die Burg beinahe unbewohnt und bot ausreichend Platz für Ausbildner und Kadetten“, berichtet die Historikerin Eveline Klein, die das Museum St. Pe­ter an der Sperr leitet. „Maria Theresia hatte auch eine persönliche Verbun­denheit zu Wiener Neustadt: Sie ging seinerzeit in den Wiesen und Wäldern des heutigen Akademieparks oft auf die Jagd.“ Am 1. November 1752 rück­ten die ersten 191 Zöglinge in die neue Ausbildungsstätte in Wiener Neustadt ein. Somit ist die Theresianische Militärakademie, kurz MilAk, die älteste aktive, durchgängig der Offiziersausbildung gewidmete Militärakademie der Welt. Traditionen werden bis heute hochgehalten, etwa die bekannte Devise Kaiser Friedrichs III., A.E.I.O.U. (z. B. „Alles Erdreich ist Österreich untertan“), im Akademiewappen, der Akademiering und der Militär-Maria-Theresien-Orden. Beim Ausmustern leistet man als neuer Leutnant gegenüber der Ausbildungsstätte den Eid „Treu bis in den Tod!“.

Der steirische Erzherzog Johann war 44 Jahre lang, von 1805 bis 1849, Oberdirektor der MilAk. Maler Oskar Kokoschka wurde 1915, während des Ersten Weltkriegs, an der Militärakademie zum Dragoner ausgebildet. Um Pferd und Uniform erwerben zu können, verkaufte er „Die Windsbraut“, heute sein berühmtestes Werk. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Burg durch Bomben, Brände und Plünderungen fast völlig zerstört, übrig blieb eine Ruine. Seit ihrer Wiedereröffnung im Jahr 1958 wurden insgesamt mehr als 3.500 Truppenoffiziere an der Theresianischen Militärakademie geschult. Mittlerweile runden eine „Bundeshandelsakademie für Führung und Sicherheit“ und der Fachhochschullehrgang „Militärische Führung“ das Bildungsangebot an der MilAk ab.

Mehrmals im Jahr finden in der Burg auch Konzerte, Sport- und Kulturveranstaltungen statt. „Die Militärakademie war und ist ein enormer wirtschaftlicher Motor für die Stadt“, sagt Eveline Klein. Im Jahr 2003 wurden erstmals auch vier Frauen als Offiziere ausgebildet – diesmal ganz offiziell. Denn schon 1794 bis 1797 hatte eine Frau namens Francesca Scanagatta die berühmte Akademie durchlaufen und war in den Rang eines Unterleutnants befördert worden – als Mann verkleidet.

Historikerin EVELINE KLEIN kam 1958 im südlichen Niederösterreich zur Welt. Sie studierte in Wien Germanistik und Geschichte und machte danach eine Ausbildung zur Museumspädagogin. Seit 2008 leitet sie in Wiener Neustadt das Museum St. Peter an der Sperr. Sie ist verheiratet und hat drei Söhne. Eveline Klein wird das Stadtmagazin in Zukunft historisch begleiten.

Zahlen

1260 Die Burg in Wiener Neustadt wird das erste Mal urkundlich erwähnt.

1751 Maria Theresia beschließt, in der Burg ein „adeliges Kadettenhaus“ einzurichten.

1768 Die Burg wird durch ein Erdbeben schwer beschädigt und muss umgebaut werden.

1945 In den letzten Kriegswochen fängt die Burg Feuer und brennt fast restlos aus.

1958 Die Theresianische Militärakademie kann den Betrieb in der wiederhergestellten Burg wieder aufnehmen.

2003 Erstmals werden auch Frauen als Offiziere ausgemustert.

2019 Die „Bundeshandelsakademie für Führung und Sicherheit“ wird mit einem Festakt an der MilAk offiziell eröffnet. Der Schulbetrieb startet mit vierzig Schülern und neun Schülerinnen.