Strampelpfad ins Glück

Der Blick schweift über tausend Hügel, in der Nase den Duft von Frühling mit einer Note Apfelblüten.

Familie Kleinrath auf Tour. Auch wenn es hier gerade bergab geht: In der Buckligen Welt zahlt es sich aus, auf das E-Bike zu steigen.

Ein Tritt-Fest zwischen Gesundheit und Genuss.

Die Familie Kleinrath hat ordentlich aufgerüstet. Für den Ausflug in die Bucklige Welt haben die 13-jährige Klara, ihre 16-jährige Schwester Hannah und ihre Eltern Elisabeth und Josef E-Bikes aus der iBike-Box besorgt und sich den Tag freigeräumt. Schließlich soll es ein Familienausflug sein und kein Wettrennen. Und wer sich hetzt, verpasst das Leuchten der roten Himbeeren am Wegesrand oder hört womöglich den Witz vom Hintermann nicht – schade wär’s drum. Einem macht das Rauf-und-runter-Brettern an den charakteristischen Buckeln der Region besonders Spaß: Josef, den sie Pepi rufen. Er ist hier aufgewachsen und hat im Land der tausend Hügel die Liebe zum Fahrradfahren entdeckt – und sie mit in die Stadt genommen.

„In Wiener Neustadt kennt man mich als den Alltagsfahrer schlechthin“, sagt der 50-Jährige. Auch seine Frau Elisabeth tritt gerne in die Pedale, aber vor allem er und seine Töchter Hannah und Klara haben es sich zur Mission gemacht, „das ganze Jahr bei jedem Wetter immer überallhin“ mit dem Rad zu fahren. Angefangen hat Pepi damit vor fast 15 Jahren; als damaliger Redaktionsleiter der „NÖN“, Projektkoordinator für die Landesausstellung und Standortleiter der Kasematten bewegt er sich jeden Tag von morgens bis abends ausschließlich auf Strampelpfaden durch die Stadt. Heute ist das Pendeln per Fahrrad zwar aufgrund seiner Anstellung als Redakteur in Wien zeitlich nicht mehr möglich, aber jede andere Strecke in und um Wiener Neustadt bestreitet er nach Möglichkeit immer auf zwei statt auf vier Rädern.

So auch an diesem warmen Tag, nur dass es heute nicht um Zweck geht, sondern um Genuss. Da ist die Tour von Wiener Neustadt über Bromberg und den Stickelberg genau das Richtige. Vorbei an kulturträchtigen Gebäuden, wunderschönen Sommerkulissen und bunten Äckern und immer rein in die Pedale. Zur Stärkung geht’s in eines der Lieblingslokale der Familie: das Gasthaus zum Stickelberg. Wobei Stärkung angesichts der Kondition dieser Familie vielleicht das falsche Wort ist: Denn die vierzig Kilometer bis zurück nach Wiener Neustadt schaffen auch die beiden Mädchen mit links, überhaupt mit dem Elektroantrieb, der sie nur so über die Hügel gleiten lässt.

In der iBike-Box in Wiener Neustadt kann man sich – wie auch Familie Kleinrath an diesem Tag – für Natur Touren perfekt ausrüsten. Mit dem „NextBike“-System können auch für spontane Touren City-Räder per App ausgeliehen, bezahlt und an einer der Rückgabestationen wieder für den nächsten Nutzer abgestellt werden. Wiener Neustadt hat die perfekten Voraussetzungen für eine Paradestadt der Fahrradkultur: Flach, kompakt und eng vernetzt. Gerade deswegen sieht Pepi auch die Stellen, an denen das Potenzial der Stadt noch ausgeschöpft werden könnte. Und gleichzeitig den Willen, Anreize zu schaffen – für die Lust auf Bewegung.

„In einer Stadt wie Wiener Neustadt kann man im Alltag wirklich alles mit dem Fahrrad erledigen. Die Idee ist, das Auto in so einer Stadt völlig ersetzen zu können. Ich glaube wirklich daran, dass sich Menschen wieder viel stärker in den Städten aufhalten wollen werden, wenn man ihnen diesen Platz zurückgibt“, sagt Pepi. Er selbst kennt viele Menschen in seinem Umfeld, die sein Interesse an dieser Idee teilen, sich jedoch schwertun, sie umzusetzen. Dass in den letzten Jahren dennoch viele Leute immer öfter zum Fahrrad greifen, ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Mit strammen Waden statt Abgasrohren könne Wiener Neustadt mit seinen fahrradfreundlichen Voraussetzungen laut Pepi zur Vorzeigestadt Österreichs werden, wenn nicht sogar weit darüber hinaus.

Außerdem ist die Stadt mit tollen Radrouten – wie z. B. jener entlang des Kanals – gesegnet: Der fast 2.000 Kilometer lange EuroVelo 9 verläuft direkt durch die Stadt, und solche Touren wie die der Familie Kleinrath sind nur von wenigen Städten aus möglich. Wem die Hügel zu anstrengend sind, kann auch gemütlichere Routen entlang der Leitha nutzen oder Angebote wie das Projekt „Museumsradeln“ ausprobieren: In einer Auflage des „Gästemagazin Bucklige Welt“ sind sämtliche Museen von Wiener Neustadt Richtung Bucklige Welt aufgelistet und für Radfahrer übersichtlich in Routen eingebunden. Durch solche Aktionen hofft Pepi Kleinrath darauf, dass noch mehr Leute auf den Geschmack kommen, ihr Rad für Ausflüge abzustauben – und, wie er es tut, diese Leidenschaft wieder mit zurück in die Stadt zu tragen.