Ach du liebes Ei!

Seit mehr als 40 Jahren macht sich Peter Stocker jeden Samstag auf den Weg zum Marienmarkt. Und obwohl er annähernd 1000 frische Eier im Gepäck hat, muss man doch schnell zugreifen, um eines der begehrten Stücke zu ergattern.

Es ist noch dunkel, wenn bei Peter Stocker am Samstag um 5 Uhr Früh der Wecker läutet. Dann belädt er seinen weißen Lieferwagen mit hunderten Eierhöckern und lenkt das Auto vom Hof in Lanzenkirchen in das sieben Kilometer entfernte Wiener Neustadt. Hier, auf dem Hauptplatz, wird er in den kommenden Stunden stehen, beraten, verkaufen, scherzen. Und das seit mehr als 40 Jahren. Klar, dass da jeder Handgriff sitzt – egal ob beim Ausladen der Ware oder beim Aufbau des Standes. Dass Peter Stocker mit 69 schon längst im Ruhestand ist, tut für ihn nichts zur Sache. „Ich habe meinen Beruf stets gerne gemacht“, sagt er, „und ich habe noch immer große Freude daran, auf den Markt zu fahren. Auch wenn ich jetzt eigentlich gemütlich im Bett liegen könnte.“

Seit drei Generationen dreht sich bei der Familie Stocker alles um das liebe Ei. Peter Stockers Vater Johann gründete den landwirtschaftlichen Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals flatterten die 50 Hendln noch zwischen Kühen und Schweinen herum. Schon bald spezialisierte sich der Vater aber ausschließlich auf die Produktion von Eiern, die er jeden Mittwoch und Samstag auf dem Markt in Wiener Neustadt feil bot. Peter Stocker war 26 Jahre alt, als er die Landwirtschaft 1980 übernahm. Nach und nach vergrößerte er den Betrieb. Und er fing 1995 – neben der Bodenhaltung – auch mit der Haltung von Freilandhühnern an. Diese können bei jedem Wetter auf einer insgesamt 80.000 Quadratmeter großen Wiese mit Blick auf den Schneeberg herumtollen. Sofern sie das wollen. „Viele Hühner bleiben lieber im Stall. Die Sonne mögen sie nämlich gar nicht. Am liebsten haben sie Regenwetter“, erklärt Peter Stocker

Es ist 7.30 Uhr und die ersten Kunden warten bereits vor dem Verkaufsstand von Peter Stocker. „Hallo Peter“, hört man da, „ich brauche zehn kleine Eier zum Backen.“ Oder: „Guten Morgen, Herr Stocker, bitte geben Sie mir sechs große Eier. Wir möchten heute weiche Eier zum Frühstück essen.“ Egal ob große oder kleine Eier, ob aus Freilandhaltung oder aus Bodenhaltung – wen man auch fragt: „Die Eier vom Stocker sind die allerfrischesten und besten, da kann kein Supermarkt mithalten“, schwärmen die Kundinnen und Kunden. Tatsächlich wurden die Eier maximal zwei Tage zuvor gelegt. Das Futter stammt aus der Region, ist gentechnikfrei und mit Donausoja verfeinert. Direkt aus den Legenestern kommen die Eier in den kühlen Eierraum. Hier werden sie mit Hilfe eines Sortiergerätes nach Gewicht sortiert und in Handarbeit kontrolliert.

Nach getaner Arbeit dürfen die Hühner wieder ihren drei liebsten Hobbys frönen: scharren, Stroh picken und Sandbäder nehmen. „Hühner sind sehr reinliche Tiere. Sie nehmen Staubbäder, um sich zu waschen“, sagt Peter Stocker. Durch das Sand- oder Staubbad pflegen sie Federn und Haut und bekämpfen Parasiten. „Unsere Hühner haben ein glückliches Leben“, sagt Peter Stocker, „wir schauen gut auf sie.“ Wir, das sind neben Peter Stocker seine Frau Ernestine, Sohn Klaus und dessen Ehefrau Daniela. 2019 übernahm der Sohn den elterlichen Betrieb. Zum Markt fährt aber noch immer der Papa.

Um 11.30 Uhr sind die hunderten Eierhöcker, die Peter Stocker morgens um 5 Uhr eingeladen hat, leer. Er packt die leeren Kartons in den Lieferwagen, startet den Motor und winkt zum Abschied. Bis zum nächsten Samstag.