Audienz im Lenz

„Und es ruft die Sonne: Fort den blassen Schein! Wieder will ich Wonne, Glut und Leben sein.

Das dichtete Gottfried Keller einst als Frühlingsgruß. Wie schön, wenn es einen Fotografen gibt, der diese Zeilen in Bilder verwandelt.

Manchmal muss man nur aus dem Fenster schauen... und die Kamera zücken. Auch wenn es dann tausende Bilder benötigt, um so einen Augenblick zu erwischen. Zwei Haussperlinge haben sich im Garten von Bernhard niedergelassen. Und es scheint, als sei der Hunger nach der Insektenfütterung noch nicht gestillt. Was sich Mama Spatz im Angesicht kindlichen Bettelns denken mag? Vielleicht: Es ist genug, und jetzt kein Pieps mehr!

ERLEUCHTUNG
Die Faszination der Kontraste. Inmitten einer Brennnesselhecke offenbart sich das Leuchten eines knallgrüngelben Kastaniensprösslings. Eine Botschaft der Natur, die wie ein Frühlingssignal wirkt. Dass sich der Fotograf für diese Aufnahme in kurzen Hosen nähern musste, hinterließ jedoch brennende Schmerzen: „Wer das Besondere will, muss Opfer bringen.“

Wenn Bernhard Schubert mit seiner Kameraausrüstung unterwegs ist, hat er normalerweise eine Mission. Wie zum Beispiel die Expedition auf die Hohe Wand. Dorthin rückte er ambitioniert aus, weil in dieser Region eine Hornottern-Population existiert. Eine Schlange, die eigentlich in Kärnten und der Steiermark beheimatet ist. Aber irgendwann einmal wurde die Viper hier ausgesetzt, und wer sie für ein aufregendes Bild finden will, braucht sehr viel Geduld. Mit zwei Uni-Freunden streifte er in der Sonne über fünf Stunden lang umher, ehe ihm das Glück des Naturliebhabers hold und das besondere Tier vor seiner Linse war. Ein anderes Mal wollte der Wiener Neustädter lediglich die grüne Pracht der Schmuckerau aus allen möglichen Perspektiven dokumentieren … als auf dem Heimweg plötzlich der Zufall zum Freund wurde. Bernhard erspähte eine anziehend leuchtende Pflanze und strahlte vor Glück, ehe er auf den Auslöser drückte. Und wer die kleine Geschichte zum Bild (oben) liest, erfährt wieder einmal, wie sehr ein Fotograf für seinen Job brennen muss.

BESONDERE AU(GENBLICKE) Einst schenkte die Familie Schmucker der Stadt diesen Au-Landstrich nahe dem Fischerpark. Einzige Bedingung: Die grüne Oase muss eine solche bleiben und als Erholungsgebiet dienen. So geschah es, und die Schmuckerau ist als Wildpark mit zwei Bächen, Biotopen und Obstbäumen immer einen Besuch wert. Und wer Glück hat, kann auch manchen Graureiher sonnig begrüßen.

BLICKKONTAKT „Ich liebe Schlangen“, sagt Bernhard. „Sie sind mysteriös und magisch.“ Umso größer war die Freude, als er nach stundenlanger Suche nahe Winzendorf diese Hornotter entdeckte und sich für einen kurzen Moment vorsichtig näherte. „Diese grimmige Vipernblick ist spannend.“

WEIDENWEICH Sonnenuntergang in der Schmuckerau. Wo die alte, knorrige Weide viel mehr ist als nur ein beeindruckendes Fotomotiv für die Kraft des Frühlings. Wegen ihres weichen Holzes lässt sie nämlich viele Lücken und Nischen entstehen – ein idealer Lebensraum für Vögel und Käfer.

KRAKENBAUM Eine der großen Leidenschaften von Bernhard sind natürliche Strukturen. Wie jene von diesem Eichen-Baumstumpf. Da spielt sich der Profi mit dem Zoom, bis er irgendwann ein Bild hat, „das mich an eine Krake erinnert, die von van Gogh im Wellenstil gemalt wurde.“