Colastrauch und grünes Zebra

Im Juli 2022 übernahmen Peter und Raphaela Postl den Blumenstand auf dem Marienmarkt. Seitdem dreht sich ihr ganzes Leben um Pfanzen mit teils seltsam anmutenden Namen – und das fnden die beiden gut so.

„Blumen sind das Lächeln der Erde“, schwärmte der US-amerikanische Schriftsteller und Philosoph Ralph Waldo Emerson. „Blumen sind die schönsten Worte der Natur“, befand der deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Für Raphaela und Peter Postl sind Blumen noch viel mehr: Sie sind Lebensaufgabe. Und Lebensgrundlage. Und das sechs Tage pro Woche und 52 Wochen im Jahr. Mit ihrem Blumenstand sorgen sie dafür, dass der Hauptplatz in den buntesten Farben erstrahlt.

In der Familie Postl dreht sich bereits in fünfter Generation alles um Blumen. Schon in den 1920er-Jahren fuhren die Vorfahren mit einem mobilen Verkaufsstand nach Wiener Neustadt und boten die Produkte der eigenen Gärtnerei auf dem Marienmarkt zum Verkauf an. „Schon als Kind habe ich überall mitgeholfen – beim Verkaufen, beim Verladen, beim Umtopfen und beim Stecken von Kränzen und Buketts“, erinnert sich Peter Postl 36. Doch der Vater wollte, dass der Bub eine „richtige“ Ausbildung macht. Also absolvierte dieser eine Lehre zum Büro- und Einzelhandelskaufmann – um nach drei Jahren festzustellen: „Das ist genau meine Welt.“

2005 stieg er in den elterlichen Betrieb ein. Dort lernte er 2011 Raphaela, eine gelernte Floristin aus Bad Erlach, kennen. Ein Jahr später wurden die beiden ein Paar, 2021 wurde geheiratet. Im Juli 2022 übernahm das Ehepaar den Blumenstand von Peters Eltern auf dem Marienmarkt. Seitdem hat sich im Leben der beiden einiges verändert. „Ich habe früher oft gehört, wie viel Arbeit der Beruf mit sich bringt. Man hört es, glaubt es aber nicht“, sagt Peter Postl. „Nach einem Jahr wissen wir: Es ist wirklich sehr, sehr anstrengend.“ Allein das tägliche Ein- und Ausladen der Ware dauert drei Stunden. Frühmorgens transportiert Peter Postl zwanzig Containerwagen voll mit Blumen vom gekühlten Nachtlager zum Stand Insgesamt blühen hier hunderte Blumen und Pfanzensorten. am Marienmarkt, wo diese rund um das Geschäft drapiert werden. 

Nun heißt es Blumen gießen, Pflanzen putzen, Blätter zupfen“, erzählt Raphaela Postl. „Die Ware muss in einem Top-Zustand sein, wenn wir um acht Uhr aufsperren.“ Die 36-Jährige ist es auch, die täglich frische Blumenarrangements zusammenstellt und sich um Brautsträuße und Hochzeitsdekorationen kümmert. Hilfe erhält sie dabei von Julia, einer langjährigen Mitarbeiterin, die schon Peters Eltern zur Hand ging. Ein- bis zweimal pro Woche lenkt Peter Postl seinen weißen Mini-Lkw samt Anhänger um drei Uhr in der Früh zum Großgrünmarkt nach Inzersdorf. Hier bezieht er seine Ware von bäuerlichen Produzenten aus Wien und Umgebung, sehr oft in Bio-Qualität. Nur für exotische Pflanzen muss der „Holländer“ kommen – so nennen Floristen die niederländischen Blumenhändler, die von Eukalyptus bis Nadelkissen alles in riesigen Kühllastwagen mit sich führen. Nadelkissen? Richtig gelesen! Nadelkissen ist eine Pflanzengattung, die zur Familie der Silberbaumgewächse gehört und nur in Südafrika vorkommt.

Ja, man lernt einiges bei einem Besuch im Blumengeschäft Postl. Etwa, dass es nicht nur ein Heiligenkraut gibt (bekannt für seine schmerzlindernde, entzündungshemmende und krampflösende Wirkung), sondern auch einen Colastrauch (der tatsächlich nach Cola riecht). Oder dass sich im Sortiment der Postls unzählige alte Tomaten-Raritäten befinden, die klingende Namen wie „Grünes Zebra“, „Schwarze Krim“ oder „Bananenfüße“ tragen. „Wir haben wirklich den schönsten Beruf, den man sich nur vorstellen kann“, sagen Raphaela und Peter Postl. Ihre Hochzeitsreise möchten sie trotzdem irgendwann einmal nachholen. Denn für diese war bis jetzt noch keine Zeit.