Moderne Küche in altem Gemäuer
Im Wirtshaus Altes Backhaus wird zeitgemäße österreichische Küche aufgetischt.
Bernhard Gruber, Koch mit Leib und Seele, hauchte dem mittelalterlichen Gebäude neues Leben ein – und wurde dafür mit zwei Hauben ausgezeichnet.
Schon als kleiner Bub blickte er seiner Großmutter, einer gelernten Köchin, neugierig über die Schulter. „Den Kaiserschmarrn meiner Oma habe ich geliebt. Ich durfte ihr beim Teigrühren und Schneeschlagen helfen“, erinnert sich Bernhard Gruber. Auch seine Mutter kochte mit Leidenschaft. „Sie hat sich bereits Anfang der 1980er-Jahre intensiv mit gesunder Kost auseinandergesetzt.“ Da war es nur naheliegend, dass Bernhard Gruber in der Schule nicht wie seine Klassenkameraden Maschinenschreiben lernte. Er entschied sich für das Unterrichtsfach „Hauswirtschaftslehre und Kochen“ – das bis dahin den Mädchen vorbehalten war. Nach der Schule machte er im Alpenhotel Knappenhof in Reichenau an der Rax eine Lehre zum Koch und Kellner, wo er es bis zum Küchenchef brachte. Den Traum vom eigenen Restaurant erfüllte sich Bernhard Gruber im September 2011, als ein schön gelegenes Lokal in Wiener Neustadt einen Nachmieter suchte. Das Haus in der Bahngasse 1 blickt auf eine lange Vergangenheit zurück.
Erbaut im 14. Jahrhundert, wurde es 1450 erstmals urkundlich erwähnt. Im Zweiten Weltkrieg war es eines von nur wenigen Gebäuden, welche die Bombardements auf die Stadt unbeschadet überstanden. Der Legende nach ist dies der Marienstatue in der Mauernische der Gebäudefront zu verdanken.
Da das Gebäude fast 300 Jahre lang einen Bäckereibetrieb beherbergte, lag der Name des neuen Lokals auf der Hand: Altes Backhaus. Schwieriger gestaltete sich für Bernhard Gruber der Weg vom Kochsein zum Wirtwerden. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sich der 50-Jährige. „Ich musste erst in die neue Rolle hineinfinden.“ Ein Wirtshaus mit einfachen Wiener Gerichten sollte es werden – doch da hatte der Wirt die Rechnung ohne seine Gäste gemacht. „Diese haben sich eine gehobene Küche gewünscht.“ Ganz nach dem Motto: fein, aber doch leger. Mittlerweile darf man sich über zwei Gault-Millau-Hauben freuen – als einziges Lokal in Wiener Neustadt.
Seit nunmehr elf Jahren trifft Bernhard Gruber mit seinen Ideen den Geschmack der Gäste. Sein Erfolgsrezept? „Gerichte, die gut gehen, bleiben auf der Karte. Wenn wir merken, dass eine Richtung nicht angenommen wird, ändern wir die Speisen“, sagt er. Seine Hauptdarsteller sind Produkte aus der Nachbarschaft, bevorzugt in Bio-Qualität und direkt vom Bauernhof.
So kommt das Beiried vom Fleckvieh aus dem Schneebergland, der Bachsaibling vom Gut Dornau in Leobersdorf und die Hartwurst von der Hohen Wand. Jeden zweiten Mittwoch unternimmt Bernhard Gruber mit seinen Gästen im Rahmen eines fünfgängigen Themenmenüs eine kulinarische Entdeckungsreise, genannt „Neues Backhaus“. Dann mag schon einmal Sushi von der Makrele auf französische Taube und venezianische Leber treffen.
Die Weinkarte konzentriert sich weitgehend auf Flaschen heimischen Ursprungs und beeindruckt mit 350 edlen Tropfen. Wem da die Wahl schwerfällt, wendet sich an Sommelier und Restaurantleiter Franz Schmutzer. Der 34-Jährige absolvierte seine Ausbildung bei den haubendekorierten Obauer-Brüdern in Werfen (Salzburg). Heute gehört Schmutzer – neben Patron Bernhard Gruber und dessen Frau Petra – zum dreiköpfigen Führungsteam. „Ohne ihn geht es einfach nicht“, streut Bernhard Gruber seinem Servicechef Rosen.
„Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, lautet ein bekanntes Zitat. Das Trio vom Alten Backhaus geht mit der Zeit und kocht auf Wunsch glutenfrei. Und wer zum Essen ein Glas Leitungswasser bestellt, tut damit auch Gutes: Der Verkaufspreis von einem Euro geht nämlich zu hundert Prozent an ein Sozialprojekt für schwerkranke Kinder in Wiener Neustadt.