So ein Theater!

Das Stadttheater blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Obwohl es schwere Zeiten erlebte und durch Brand und Krieg mehrfach zerstört wurde, standen Stadt und Bevölkerung stets hinter ihrem Theater.

Am 23. Oktober 1794 öffnete das Stadttheater Wiener Neustadt offiziell seine Pforten. Auf dem Spielplan stand „Siri Brahe oder die Neugierigen“, ein Schauspiel in drei Akten, verfasst von niemand Geringerem als Schwedens König Gustav III. Wiener Neustadt verfügte nun erstmals über eine eigene Spielstätte. „Zuvor hatte es nur Theateraufführungen an wechselnden Orten gegeben“, erzählt Sabine Schmitner-Laszakovits, Historikerin und Mitarbeiterin des Stadtarchivs Wiener Neustadt. „Doch der Wunsch nach einem eigenen Theater war in den Jahren zuvor immer lauter geworden.“

Das neue Theater in der Herzog-Leopold-Straße zog in die Gemäuer eines ehemaligen Klosters der Karmelitinnen aus dem Jahr 1668. Wie viele andere Klöster war es von Joseph II. im Zuge seiner Reformen aufgelassen worden. Vor allem die „unnützen und wohlhabenden“ Klöster waren dem Kaiser ein Dorn im Auge; also jene, die „weder Schule halten, Kranke betreuen, predigen oder den Beichtstuhl versehen“.

Und so wurde die ehemalige Kirche des Klosters zu einem Theater umgebaut. Ein Besuch im neuen Theater war damals ein kultureller Genuss und auch ein soziales Ereignis. So wie heute waren die heiteren Vorstellungen die zugkräftigsten, vor allem Operetten waren stets gut besucht. Dennoch war der Theaterbetrieb lange Zeit ein unrentables Geschäft. Sabine Schmitner-Laszakovits: „Es gab kein eigenes Budget und kein fixes Personal für das Stadttheater. Es wurde von Pächtern geführt. Und diese wechselten häufig.“

Immer wieder gelang es zwar, die Stadttheater von Wiener Neustadt und Baden zum beiderseitigen wirtschaftlichen Vorteil organisatorisch zusammenzuschließen. „Doch die jahrzehntelange Erfahrung zeigte, dass es praktisch unmöglich war, ein Stadttheater gewinnbringend zu führen.“ So gewährte die Stadt ab Ende des 19. Jahrhunderts den Pächtern ständige Subventionen, etwa Zuschüsse zu Beheizung und Beleuchtung.

Das Haus hatte aber nicht nur mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen: Der verheerende Brand von 1834 zerstörte neben weiten Teilen der Stadt auch das Theater. Während der Wirtschaftskrisen von 1873 und in der Zwischenkriegszeit sanken die Einnahmen dramatisch. „Doch so trist die Situation auch war: Letztlich wurden alle Schwierigkeiten überwunden“, berichtet Sabine Schmitner-Laszakovits.

Als das Stadttheater 1929 wegen Sparmaßnahmen geschlossen werden sollte, formierten sich wohlhabende Bürger zu einem Auffang-Komitee, das eine Weiterführung des Betriebes sicherstellte. „Stadt und Bewohner maßen ihrem Stadttheater stets einen hohen Stellenwert bei.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Stadt durch Bombenangriffe dem Erdboden gleichgemacht. Dennoch setzte Bürgermeister Rudolf Wehrl die Instandsetzung des Stadttheaters durch. Er war der festen Überzeugung, dass Wiener Neustadts Bevölkerung über das „Magenfüllen“ hinaus auch „geistige Nahrung“ brauche. 1948 wurde der Spielbetrieb wieder aufgenommen – wobei man viel Kreativität und Improvisationskunst bewies: So wurde die Drehbühne auf dem Kranz einer Fliegerabwehrkanone installiert.

Von 1977 bis 1979 musste der zweirangige Zuschauerraum renoviert und für 624 Sitzplätze modernisiert werden. Den eisernen Vorhang, der die Bühne vom Zuschauerraum trennt, gestaltete der bekannte Maler Wolfgang Hutter im Stil des Phantastischen Realismus.

Prominent ist auch die Liste der Publikumslieblinge, die seit damals auf der Bühne standen: Hier gastierten lokale Größen wie Viktor Gernot und Karl Merkatz, aber auch Elfriede Ott, Alfred Dorfer, Josef Hader, Wolfgang Ambros – und sogar Popstar Falco.

Historikerin SABINE SCHMITNER-LASZAKOVITS…
… kam 1982 in Wiener Neustadt zur Welt. Sie studierte in Wien Publizistik und Kommunikationswissenschaft sowie Geschichte. Seit 2005 ist sie Mitarbeiterin des Stadtarchivs. Wenn sie in ihrer Freizeit nicht liest und schreibt, läuft sie – ihre große Leidenschaft.

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