Spielzeug für große Kinder

In der Wiener Straße 17 betreibt Brigitta Magno das erste Fachgeschäft für erzgebirgische Volkskunst in Österreich. Hier tummeln sich viele handgeschnitzte Holzfguren – als Nussknacker, Räuchermännchen und Weihnachtsengel.

Ginge es nach Brigitta Magno, dann könnte Weihnachten gerne an 365 Tagen im Jahr sein. Denn die Wochen rund um den Heiligen Abend sind für die 48-Jährige die umsatzstärkste Zeit des ganzen Jahres. Brigitta Magno hat sich dem Verkauf von erzgebirgischer Volkskunst verschrieben – und diese ist untrennbar mit Advent und Weihnachten verbunden. Produkte aus dem deutsch-tschechischen Erzgebirge werden in vielen Haushalten als Weihnachtsschmuck verwendet.

Daher ist es egal, zu welcher Jahreszeit man das kleine Geschäftslokal in der Wiener Straße betritt, „ein bisschen weihnachtet es bei mir immer“, sagt Brigitta Magno und schmunzelt, während sich eine kunstvolle Weihnachtspyramide, die von der Wärme der Kerzen angetrieben wird, langsam dreht.

Doch der Reihe nach. Brigitta Magno wuchs in Wien auf, studierte Internationale Betriebswirtschaft und arbeitete danach in einem Büro. So weit, so normal. Im Alter von 31 Jahren wanderte sie nach Thailand aus, wo sie in der Touristenhochburg Pattaya einen Job im Hotelmanagement annahm. „Ich wollte einmal in meinem Leben eine Zeitlang weit von daheim weg sein und arbeiten“, erinnert sie sich.

Nach zwei Jahren kehrte sie in ihre Heimat zurück. Mit einer Idee im Kopf: Sie wollte sich mit einem Kunsthandwerksgeschäft selbständig machen. Inspiriert von ihrer Zeit in Thailand, verkaufte Brigitta Magno erst einmal Produkte aus Mangoholz, etwa Kerzenständer, Vasen und Schnitzereien. Als der Asia-Trend hierzulande langsam abklang, musste sie ihr Sortiment umstellen. Da kam ihr die Oma in den Sinn. Diese stammte aus Dresden. „Zu Weihnachten bekamen wir von der Verwandtschaft aus Deutschland stets Holzfiguren aus dem Erzgebirge geschenkt“, erzählt sie – eine neue Geschäftsidee war geboren. Entstanden ist die Tradition der erzgebirgischen Holzschnitzerei vor 300 Jahren. 

Als die reichen Erzvorkommen in dieser Region zur Neige gingen, mussten sich die Bergarbeiter nach einer anderen Beschäftigung umsehen. Angesichts der dichten Wälder lag es nahe, von Metall auf Holz umzuschwenken. So begannen die Menschen, kleine Gebrauchsgegenstände, Spielzeug und schmückende Figuren aus Holz zu schnitzen und zu drechseln. Bis heute wird diese traditionelle Holzkunst aus dem Erzgebirge in kleinen Betrieben in liebevoller Handarbeit gefertigt.

Vierzig dieser Manufakturen beliefern auch Brigitta Magno. Nach Stationen in Baden und Wien eröffnete sie ihr Geschäft im März 2022 in Wiener Neustadt. Es ist ein Spielzeuggeschäft für Erwachsene, das man hier betritt. Im ersten Verkaufsraum tummeln sich handgeschnitzte Nussknacker – und das in allen Farben und Formen. Als König oder Soldat, als englischer „Bobby“ (Polizist), als Kanadier, Schotte oder Ungar. Manche sind sieben Zentimeter groß, ein Exemplar ist einen halben Meter groß. Dieses trägt den Namen „Husar“ und kann um 220 Euro erworben werden. Den stolzen Preis erklärt die Chefin so: „Ein Nussknacker mit einer Größe von 40 Zentimetern besteht aus 35 Einzelteilen. Es sind an die 150 Arbeitsschritte erforderlich, ehe die Figur fertig ist.“

Den zweiten Raum teilen sich Weihnachtsengel, Krippenfiguren sowie mit Kerzen besetzte Schwibbögen (Lichterbögen). Besonders beliebt sind die sogenannten Räuchermännchen: kleine Figuren, in denen eine Räucherkerze abgebrannt wird. Dabei wird der Rauch aus dem Mund der Gestalten, die meist lange Bärte und Hüte tragen, ausgestoßen. „Ich darf dazu beitragen, ein traditionelles Kunsthandwerk am Leben zu erhalten“, sagt Brigitta Magno stolz. „Doch das Schönste ist, wenn erwachsene Kunden im Geschäft stehen und sagen, dass sie sich in ihre Kindheit zurückversetzt fühlen.“